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Deutsche Stiftung Denkmalschutz

Die „Arbeits- und Erholungsstätte für Schriftsteller und Künstler Bettina von Arnim“ in Wiepersdorf befand sich bis 1990 im Besitz des „Kulturfonds der DDR“. In einem Schreiben vom 28. September an Ministerpräsident Lothar de Maizière bat Kulturminister Herbert Schirmer um Zustimmung, dass „gemäß Artikel 35 Abs. 6 des Einigungsvertrages der bisherige Kulturfonds der DDR auf deren ehemaligen Territorium bis 1994 fortzuführen ist“. Noch am gleichen Tag erfolgte „die grundsätzliche Zustimmung“. Allerdings hatte bereits am 6. September im „Künstlerhaus Otto Nagel“ in Berlin-Biesdorf die konstituierende Sitzung der geplanten „Stiftung Kulturfonds“ stattgefunden.

Vorbehaltlich der noch ausstehenden Ratifizierung des Einigungsvertrages durch die Parlamente beider deutscher Staaten wurde die „Stiftung Kulturfonds“ der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Freistaat Sachsen, Sachsen-Anhalt, Freistaat Thüringen und Berlin mit einem Kapital von 92 Millionen DM (47 Millionen Euro) Rechtsnachfolgerin des „Kulturfonds der DDR“. Dazu kamen die Immobilien der Künstlerhäuser Ahrenshoop und Wiepersdorf.

Bereits im Frühjahr 1992 war der Argwohn zwischen den neuen Bundesländern deutlich zu vernehmen. Jede Mark für das märkische Wiepersdorf war den Anhaltinern, Mecklenburgern, Sachsen und Thüringern zu viel. Regionalismus versus Föderalismus. Hinzu kam, dass die „blühenden Landschaften“ auf sich warten ließen, aber das Ende der „Stiftung Kulturfonds“ auf 1994 festgelegt war.

 

So kam es am 5. April 1995 zur Unterzeichnung eines Staatsvertrages über die „Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Stiftung Kulturfonds“. Beschlossen wurde die Weiterführung, aber mit Artikel 13 zugleich das Aus: „Dieser Staatsvertrag kann von jeder der Vertragsparteien zum Ende eines jeden Jahres, erstmals mit Wirkung zum Ende des Jahres 1997, mit einer Frist von 12 Monaten gekündigt werden.“ Die Stiftung „ist dann verpflichtet, den Vertragsparteien, die gekündigt haben, innerhalb von einem Jahr nach dem Wirksamwerden der Kündigung 70 v. H. und innerhalb von zwei Jahren weitere 30 v. H. des in Artikel 14 genannten Anteils auszuzahlen“.

Dazu heißt es: „Der Anteil berechnet sich aus dem Verhältnis der Zahl der Einwohner der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und der Zahl der Einwohner des in Artikel 3 des Einigungsvertrages bezeichneten Teils des Landes Berlin zu der Gesamtzahl der Einwohner des in Artikel 3 des Einigungsvertrages bezeichneten Gebietes zum 31. Dezember 1990.“

Der Freistaat Sachsen machte den Anfang, kündigte 1998 seine Beteiligung und kassierte seinen Anteil von rund 15 Millionen Euro. Es folgten 2004 der Freistaat Thüringen (rund 7,6 Millionen Euro) und Sachsen-Anhalt. Infolge des Kapital- und damit auch Zinsverlustes musste die Stiftung Kulturfonds in die Liquidation gehen. Das Kontingent der ehemaligen DDR-Bezirke Neubrandenburg, Rostock und Schwerin wurde dem Land Mecklenburg-Vorpommern übertragen. Das Künstlerhaus Lukas wurde zum „Künstlerhaus Ahrenshoop“.

 

Und Brandenburg?

 

Im Kabinett Stolpe I (1990-1994) war Hinrich Enderlein (FDP) Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur. In seiner Amtszeit gründeten die Landesregierung Brandenburg und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Bonn (DSD) 1992 die (ihnen ursprünglich zu gleichen Teilen gehörende) gemeinnützige „Brandenburgische Schlösser GmbH“ (BSG). Ihre Aufgabe bestand in der Sanierung, Erhaltung und Pflege jener Herrenhäuser, Schlösser und Parks, die neben den Preußischen Königsschlössern von baugeschichtlicher Bedeutung sind und zum kulturellen Erbe gehören.

Es folgten das Kabinett Stolpe II (1994-1999) mit Kulturminister Steffen Reiche (SPD) und das Kabinett Stolpe III (1999-2002) mit Kulturminister Wolfgang Hackel (CDU). Nach seinem Rücktritt am 17.10.2000 war Johanna Wanka (CDU) bis 2009 Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, auch in den Kabinetten Platzeck I und II (2002-2009).

Spätestens mit dem Ausstieg des Freistaates Sachsen aus der „Stiftung Kulturfonds“ hätte der drohende Ausstieg von Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern und die „Gefahr“ für Wiepersdorf erkannt werden müssen. Noch während des Wiepersdorfer Sommerfestes am 9. Juni 2004 erdreistete sich Ministerin Johanna Wanka vor der Kulisse des Herrenhauses, Garantien für den Bestand des Künstlerhauses abzugeben. Ein halbes Jahr später wurde Wiepersdorf dicht gemacht und die Mitarbeiter entlassen.

Brandenburg wollte offensichtlich gar nicht über eine eigene „märkische“ Lösung für Wiepersdorf nachdenken. Seit Gründung des Landes und erst recht mit dem Gießkannenprinzip der wortgewaltigen „Mutter Courage“ hatte sich die Politik daran gewöhnt, das Geld anderer Leute auszugeben. In Erinnerung sei gerufen, dass Brandenburgs Politiker, vorrangig Stolpe und Platzeck, für die Solar-Fabrik Frankfurt/Oder 140 Mio. Euro (an Bürgschaften und Garantien), 123 Mio. Euro für den Lausitzring und 17 Mio. Euro für den Cargolifter in den Sand gesetzt haben.

Anstatt sich (mit relativ geringen Mitteln von etwa einer Mio. Euro) eine brandenburgische Lösung einfallen zu lassen, wurde wieder einmal nach draußen geschaut. Da plädierte man für die Trägerschaft durch eine gemeinsame Kulturstiftung von Bund und Ländern (gegen die sich Bayern wehrte), da dachte man an die Berliner Akademie der Künste, die Wiepersdorf als Außenstelle übernehmen könnte.

Erst ein Offener Brief von Christa Wolf, Sarah Kirsch, Martin Walser, Günter Grass, Günther Kunert, Günther de Bruyn, Friedrich Schorlemmer und anderen im April 2004 an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Christina Weiss und Ministerpräsident Matthias Platzeck, „sich für das Künstlerhaus zu engagieren und dessen Arbeit dauerhaft zu sichern“, kam im Mai 2005 Bewegung in die Sache. Der Bund sicherte dem Land Brandenburg die nächsten drei Jahre eine Unterstützung für das Künstlerhaus von jährlich 450.000 Euro zu – unter der Bedingung, dass das Land einen neuen Träger findet und sich jährlich mit 350.000 Euro zur Finanzierung des Hauses beteiligt.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt kamen die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ (DSD) und ihre Tochtergesellschaft „Brandenburgische Schlösser GmbH“ (BSG) ins Spiel. So mir nix dir nix war die DSD wohl dazu nicht bereit. Wie sonst hätte Johanna Wanka gegenüber dpa noch 2005 erklären können: „Sollte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Haus nicht übernehmen, dann habe ich keine Lösung.“ Alles sei abhängig vom Votum der DSD, die „möglicherweise die Trägerschaft übernehmen will. Wir hoffen, dass sich die Stiftung dafür entscheidet“.

 

Die Jahre 2004 bis 2006

 

Es geschah das Unglaubliche. Brandenburg übergab der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ treuhänderisch die von der „Stiftung Kulturfonds“ kassierten 7,5 Mio. Euro, reichte die Bundesmittel von jährlich 450.000 Euro weiter und überließ der DSD die Zinsen aus dem Kapitalstock von 7,5 Mio. Euro für Betrieb und Unterhalt des Künstlerhauses Wiepersdorf.

„Nach einer wechselvollen Geschichte hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 2006 die Aufgabe übernommen, das Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf mit Unterstützung des Landes Brandenburg und des Bundes dauerhaft als Künstlerhaus zu erhalten, und am 13.09.2006 wieder eröffnet.“ – Mit dabei Kulturstaatsminister Bernd Neumann, Kulturministerin Johanna Wanka und Robert Knüppel als Generalsekretär der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

So richtig durchdacht hatten das Land Brandenburg, die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ (DSD) und ihre Tochtergesellschaft „Brandenburgische Schlösser GmbH“ (BSG) das Projekt wohl nicht. Zur vornehmsten Aufgabe gehörte bis dato die „Sanierung, Erhaltung und Pflege“ von Herrenhäusern und Parks. In dieser Hinsicht wurde zweifellos bedeutendes geleistet. Obwohl die restaurierten Anwesen mehr als günstig zum Verkauf angeboten wurden, blieb das Interesse sehr überschaubar. In einem nächsten Schritt entschloss sich die BSG, eindeutige Eigentumsverhältnisse zu schaffen. 1996 erwarb die BSG Schloss Altdöbern. Für insgesamt zwölf Anlagen ist aktuell die „Brandenburgische Schlösser GmbH“ als Eigentümer eingetragen. Die unter diesem Gütesiegel angedachte „leichtere“ Vermietung geriet zum Desaster.

 

Betreiber eines Hotel- und Gaststättenbetriebs

 

Mit dem Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf traten „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ (DSD) und ihre Tochtergesellschaft „Brandenburgische Schlösser GmbH“ (BSG) erstmals als Betreiber eines Hotel- und Gaststättenbetriebs auf – nicht anders ist Wiepersdorf einzuordnen. Das war steuerrechtliches Neuland für die gemeinnützige Stiftung. Dazu kam allerdings die allgemeine Zinsentwicklung, so dass die treuhänderisch übernommenen 7,5 Mio. Euro keine Zinserträge brachten und „zugebuttert“ werden musste.

Im Jahresbericht der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ von 2013 standen bemerkenswerte Sätze: „Seit 2004 finanziert allein die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Brandenburgische Schlösser GmbH. Die Geschäftsführung obliegt seit 1997 Dr. Wolfgang Illert, der auch die Geschäfte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz führt.“ Nach Beratungen des Kuratoriums der Stiftung „zum Haushalt 2014 sowie grundsätzlich strategischen Fragen zur Marktsituation“ bekam die Stiftung ab 1.12.2013 mit Stephan Hansen einen zweiten Geschäftsführer, „dessen Tätigkeit im kaufmännischen Bereich liegt“. Das war nicht alles. Mit der am 15. September 2014 in Kraft getretenen neuen Satzung gab es einen neuen geschäftsführenden Vorstand, dem die beiden bisherigen Geschäftsführer Stephan Hansen und Dr. Wolfgang Illert sowie Dr. Felix Breidenstein angehörten, verantwortlich für die Bewirtschaftung der stiftungseigenen Denkmale und Liegenschaften.

Die wesentlichen Entscheidungen bei der „Deutschen Stiftung Denkmalschutz“ fielen wohl im Jahr 2016. Da sollte der „im Jahr 2014 begonnene Umstrukturierungsprozess konsequent fortgesetzt werden“. Konsequent heißt für die DSD, dass „anlässlich der Aufsichtsratssitzung vom 23.06.2016 die beiden bisherigen Geschäftsführer verabschiedet wurden. Dr. Felix Breidenstein verlässt die BSG im gegenseitigen und freundschaftlichen Einverständnis zum 30.06.2016. Ebenso verabschiedet wurde Dr. Wolfgang Illert, dem der Aufsichtsrat für seine mehr als zwei Jahrzehnte lange Tätigkeit als Geschäftsführer ausdrücklich dankte. Illerts Vertrag läuft zum 30.11.2016 aus. Vertretungsberechtigte Vorstände sind nun Diplom-Kaufmann und Bankkaufmann Benedikt Buhl und Stephan Hansen.“ Ebenfalls im Jahr 2016 wurde der „Wiepersdorf-Vertrag“ mit dem Land Brandenburg von 2005 für Ende des Jahres 2019 fristgerecht gekündigt.

Mit diesen gravierenden Umstrukturierungen und Entscheidungen geriet die DSD in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Medien traten auf den Plan. Die meist kritische Berichterstattung über die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ und Wiepersdorf basiert letztendlich auf hausgemachten Problemen der Stiftung. Sowohl die Kündigung des Wiepersdorf-Vertrages zum Ende des Jahres 2019 als auch die Veränderungen der Geschäftsführung wurden von der DSD höchst unqualifiziert kommuniziert. Für die Öffentlichkeit waren diese Entscheidungen in keiner Weise nachvollziehbar. Das fördert Spekulationen.

 

Märkische Allgemeine

 

Zur Situation schrieb unter anderem die Märkische Allgemeine am 03.05.2016: „Die Stiftung agiert bisher sehr unflexibel. Sie hat für das Schloss keine spezielle Trägerschaft entwickelt, die es ermöglichen würde, durch Vermietungen oder Gastronomie zusätzlich Eigeneinnahmen zu erzielen. Die Nachfrage danach gibt es. In der Orangerie gibt es für Besucher und Touristen nicht einmal mehr Kaffee und Kuchen. Dank einer Initiative des Freundeskreises Schloss Wiepersdorf wird das Künstlerhaus aktuell vom Auswärtigen Amt und vom Goethe-Institut als geeignete Adresse gehandelt, wenn künftig mehr ausländischen Stipendiaten ein Aufenthalt in Deutschland finanziert wird. Vielleicht ein rettender Strohhalm? Noch sitzen die Beteiligten nicht an einem Tisch. Noch hat auch das Land Brandenburg nicht geprüft, ob ein Kapitalstock, der keinen Nutzen bringt, abgeschmolzen werden darf. Noch liegt das Ziel, einen Traditionsort zu sichern, der weit über Brandenburg hinaus bekannt ist, in unbestimmter Ferne.“

Doch der Artikel trifft nicht den Kern des Problems. Denn wieder sollen andere Institutionen in die Verantwortung genommen werden. Der Vorsitzende des Freundeskreises Schloss Wiepersdorf, weil er einst als deutscher Botschafter in Georgien und Indonesien halb in die Materie eingedrungen war, brachte Auswärtiges Amt und Goethe-Institut ins Gespräch, obwohl diese Institutionen ganz andere Aufgaben zu erfüllen haben. Das Land Brandenburg, so scheint es, will die Aufgabe, das Künstlerhaus zu erhalten und für die Nutzung zu sichern, erneut abschieben. Die eigene Rolle bleibt unklar, ein überzeugendes Votum des Landes für Wiepersdorf sieht anders aus.

 

Wirtschaftswoche

 

In der „Wirtschaftswoche“ vom 23.07.2016 hat sich Andreas Macho unter der Überschrift „Wo stecken die Lotto-Millionen?“ ausführlich mit der DSD beschäftigt. Wir zitieren aus diesem Artikel die für Wiepersdorf wesentlichen Passagen:

„Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz wird großzügig mit Geld bedacht. Doch wie wird das Geld eingesetzt? Gleich mehrere Projekte nähren Zweifel an der Effizienz des Managements. 2015 hat Lotto (Glücksspirale) 15,7 Millionen Euro an die DSD ausgeschüttet. Hinzu kamen 2014 private Spenden in der Höhe von knapp 18,6 Millionen Euro.“

„Die Geschichte der DSD wirft ein Licht auf jenes seltsame Geflecht aus Gebern und Nehmern, das sich im staatlich abgeschirmten Geschäft mit dem organisierten Glücksspiel etabliert hat. Staatliche Gesellschaften nehmen ein, gemeinnützige Einrichtungen profitieren – und gemeinsam schirmt man sich gegen Angriffe von außen, wie etwa regelmäßig durch die EU-Kommission, ab.“

„Die Spur der Spendengelder an die DSD führt größtenteils in die ostdeutsche Provinz. Die DSD, die das Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf samt Gästehaus mit rund 40 Betten für einen symbolischen Preis vom Land Brandenburg übernommen hat, sorgt für die Instandhaltung und deckt die Personalkosten. So schöne Liegenschaften wie Schloss Wiepersdorf ziehen auch eine Menge Ausflügler an, besonders am Wochenende. Dann trinken sie gerne Kaffee oder nächtigen im Gästehaus der DSD. So war es zumindest früher.“

Mittlerweile wurde aufgrund von Verlusten laut Jahresbericht 2014 der „wirtschaftliche Geschäftsbetrieb“ im Schloss Wiepersdorf geschlossen. Auf Nachfrage erklärt die DSD, dass sie nur die Orangerie, also das opulente Bewirtungsgebäude, geschlossen habe.“

Wir fragen: Warum wurde der Café-Betrieb in der Orangerie geschlossen? Hat nicht noch die „Stiftung Kulturfonds“ die erst 1992 für einen Gastronomiebetrieb umgebaute Orangerie nach der Übernahme sogar mit einem neuen Dach versehen und neue Wirtschaftsräume einbauen lassen? Welchem Zweck sollten diese Investitionen dienen, wenn es nach der Übernahme durch die DSD nun plötzlich heißt, die Orangerie sei für den Café-Betrieb nicht geeignet?

Die DSD behauptete gegenüber der „Wirtschaftswoche“ außerdem, dass sie das „Gästehaus“ (gemeint ist sicher das ehemalige Wirtschaftsgebäude, in dem die Stipendiaten untergebracht werden) von 2006 bis „zum heutigen Tage“ betrieben habe. Das ist richtig. Wo hätten die Stipendiaten sonst untergebracht werden sollen? Aber: Was ist mit den fünf Suiten und drei Zimmern im Herrenhaus sowie den sechs Zimmern im ehemaligen Inspektorhaus? Blieben die leer?

Weiter heißt es in dem oben genannten Artikel in der „Wirtschaftswoche“: „Doch mehrere Quellen bestätigen, dass die DSD den Gästen nicht nur keinen Kaffee mehr servierte, sondern auch der Betrieb des Gästehauses der Stiftung Schwierigkeiten bereitete. Warum die DSD darüber nicht so gerne spricht, könnte in der teils falschen Abrechnungsweise im Gästehaus in Teilen des Jahres 2015 liegen: Denn statt gegen Rechnung sollen dort Zimmer teilweise gegen „freiwillige Spenden“ vermietet worden sein.

„Der Hintergrund der Wirrnisse in Wiepersdorf liegt in den Finanzvorschriften für gemeinnützige Stiftungen, mit denen die DSD im Fall Wiepersdorf offenbar nicht zurechtkam. Denn für diese Stiftungen ist eine wirtschaftliche Tätigkeit in eigener Regie stets ein heikles Spiel: Verluste dürfen niemals mit Spendenmitteln ausgeglichen werden. Vermieden werden kann dieses Risiko etwa durch Verpachtung des entsprechenden Betriebs. Das Modell „freiwillige Spende“ für eine eindeutige Gegenleistung taugt jedenfalls nicht. Das musste wohl auch die DSD feststellen. Nachdem ein übereifriger Gast auf seine „Spende“ die Nummer des Hotelzimmers und das Datum der Übernachtung notiert haben soll, musste die Stiftung Denkmalschutz den ganzen Vorgang rückabwickeln.“

„Die DSD betont, dass es in Wiepersdorf niemals einen ‚Verkauf‘ von Dienstleistungen gegen Spenden gegeben habe, und spricht von ‚Abrechnungsfehlern‘ in 16 Fällen im Jahr 2015 im Beherbergungsbetrieb. Der Grund dafür seien ‚hausinterne Missverständnisse‘ gewesen. „Die DSD-Zentrale in Bonn“, teilt die Stiftung mit, „erlangte Ende September 2015 von der Abrechnungspraxis vor Ort Kenntnis. Danach wurde die Abrechnungspraxis innerhalb von wenigen Wochen abgestellt. Noch im Jahr 2015 hat die DSD von den Betroffenen in allen 16 Fällen die Originale der Spendenquittungen zurückgefordert. Im Gegenzug wurden ordnungsgemäß Rechnungen ausgestellt.“ Verluste aus wirtschaftlicher Tätigkeit würden zudem niemals aus Spenden, sondern durch andere wirtschaftliche Tätigkeiten und Geschäftsjahre kompensiert. Zudem verweist die DSD auf die durch unabhängige Prüfer bestätigte Korrektheit der Jahresabschlüsse.

Mit den üppigen Mitteln der Spendengelder und der Glücksspirale lassen sich zwar leicht unrentable Restaurator-Kurse, leer stehende Gästehäuser am Rand der Republik und fragwürdige Projekte finanzieren. Doch offenbar waren nicht alle Vorstandsmitglieder der DSD einer Meinung. Denn im Juni kündigte die Stiftung einem Mitglied des dreiköpfigen Vorstands vorzeitig und verlängerte den Vertrag eines weiteren Vorstandsmitglieds nicht. Doch nicht nur auf Leitungsebene knirscht es bei der DSD. Auch bei den von der Stiftung geförderten Projekten führt die Mittelverwendung zu teils absurden Situationen und stößt auf das Unverständnis mancher, die sich eigentlich über den Geldsegen der Stiftung hätten freuen können.“

 

Wiepersdorf am 16.12.2016

 

Da wir nach einem Besuch in Wiepersdorf am 16.12.2016 durchaus den Eindruck hatten, dass das Anwesen „seit Jahren in verantwortungsloser Weise auf Verschleiß“ gefahren wird, ließ uns die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ durch ihren Anwalt am 30.01.2017 mitteilen, dass dies „nachweislich falsch ist“ und dass in Wiepersdorf „seit dem Jahr 2006 eine Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand betrieben wurde“.

Fragt sich nur, welche Sanierungsmaßnahmen mit welchem finanziellen Aufwand durchgeführt wurden? Wir können unsere Foto-Dokumentation auf dieser Website leider nicht veröffentlichen, da uns die DSD die beantragte Genehmigung zur Veröffentlichung bisher nicht erteilte. Schriftlich sei aber mitgeteilt: Zu der vom Stiftungs-Anwalt erwähnten „Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand“ gehören nach unserer Kenntnis und unserem Augenschein u.a.:

- Die höchst aufwändige Bemalung der Fensterläden im Atelier (angeblich nach historischer Vorlage). Die Gutachten der Denkmalschutzbehörde wurden bisher nicht veröffentlicht.

Frage: War das wirklich so dringend notwendig? Oder nicht doch mehr den Event-Ambitionen des Fördervereinsvorsitzenden geschuldet?

- Das Dach der Orangerie wurde 1992 saniert. Gleichzeitig wurde im Innern eine Gastronomie mit Küche und Gästetoiletten eingerichtet. Die Stiftung Kulturfonds veranlasste vor 2004 eine weitere Dachsanierung und einen Umbau der gastronomischen Einrichtungen. Für diese lagen alle behördlichen Genehmigungen vor. Nach der Übernahme durch die DSD war plötzlich „das Gebäude für eine gewerbliche Nutzung bauphysikalisch nicht geeignet“. Der Gedanke drängt sich auf, dass die Einstellung des gastronomischen Betriebs eher – wie die Märkische Allgemeine schrieb – dem Umstand geschuldet war, dass die DSD „keine spezielle Trägerschaft entwickelt hat, die es ermöglichen würde, durch Vermietungen oder Gastronomie zusätzlich Eigeneinnahmen zu erzielen“.

Frage: Hat die DSD etwas zu verbergen? Wo bleibt die in den DSD-Jahresberichten von 2011 bis 2015 so oft und so viel erwähnte Offenheit und Transparenz?

- Die Stiftung Kulturfonds hat noch vor 2004 die Flächen der ehemaligen LPG-Gärtnerei erworben.

Frage: Hat die DSD in den Jahren nach 2006 Pläne für diese Kulturlandschaft entwickelt? Würde sich bei dem gleichzeitig von der DSD betriebenen Personalabbau eine Lösung nicht schwieriger gestalten?

- Mit dem Erwerb des Gebäudeteils „Karbaum“ und des LPG-Heizhauses durch die Stiftung Kulturfonds vor 2004 und dem Umbau entstand zweifellos ein Überangebot an Atelierflächen, weil die seit 1992 existierenden Ateliers im OG Wirtschaftsgebäude und Tanklager noch hinzuzurechnen sind. So viele Stipendiaten aus dem Bereich Bildende Kunst können in Wiepersdorf gar nicht zusammen kommen, um dieses auch für „verwöhnte“ Künstler wahrhaft luxuriöse Flächenangebot zu nutzen.

Frage: Hat die DSD in dieser Hinsicht eine Bilanz ziehen lassen?

 

Der Streit zwischen der Stiftung und dem Land Brandenburg ist jedenfalls da. Bisher konnten sich die Beteiligten offenbar nicht darüber einigen, ob und wie das Herrenhaus von Wiepersdorf erhalten bleiben kann. Im Kern geht es wie schon 1992, 2004 und 2006 nicht darum, wer ab 2019 jährlich „etwa 250.000 Euro für die Bewirtschaftung aufbringt“, wie die „Märkische Allgemeine“ leichtfertig schrieb, weil das Übel damit nicht an der Wurzel gepackt wird, sondern darum, wer die wesentlich höheren Kosten tragen muss.

 

Das sind nach den Berechnungen von unabhängigen Fachleuten:

Liegenschaftsverwaltung                                                                                 130.000 Euro

Personal (14 Mitarbeiter, unter dem geht es nicht)                                             600.000 Euro

Unterkunft/Vollverpflegung bei 385 € pro Monat und 18 Stipendiaten                   70.000 Euro

Veranstaltungen, Museum und Öffentlichkeitsarbeit, Veröffentlichungen               60.000 Euro

Stipendien bei 820 € Satz und 2x5 Monate                                                       160.000 Euro

 

Jährlicher Gesamt-Zuschuss                                                                            1.020.000 Euro

 

Unser Fazit …

 

Wiepersdorf hat deutlich an Attraktivität verloren. Die Ursachen sind vielfältig. Von Berlin sind es knapp zwei Autostunden in eine „schlichte“ Gegend. Die Mark bietet attraktivere Ausflugsziele. Nur rund zehn sonntägliche Führungen im ganzen Jahr 2017 sind keine Öffentlichkeitsarbeit. Mit nur vier Werk-Präsentationen von weithin unbekannten Stipendiaten bleibt Wiepersdorf unter sich. Über das geplante Sommerfest am 9. Juli 2017 gibt es keinerlei Informationen. Die zum „Museum“ erhobene „Erinnerungsstätte“ präsentiert sich in einem 25 Jahre alten Konzept. Da Veranstaltungen wie die „Wiepersdorfer Gespräche“ mit renommierten Teilnehmern nicht mehr stattfinden, die Hauptstädter daher keinen Reisegrund erkennen können, bleibt das Interesse der überregionalen Medien aus, was sich wiederum auf eine „Nichtbeachtung“ der anwesenden Stipendiaten und ihrer Arbeiten auswirkt. Das führte letztendlich auch dazu, dass die Bewerbungen für ein Wiepersdorf-Stipendium – auch aus dem Ausland – rückläufig sind. Last but not least fehlt auch die seit geraumer Zeit eingestellte Gastronomie in der Orangerie.

 

Wiepersdorf braucht …

 

Wiepersdorf braucht eine Entscheidung. Aus unserer Sicht ist das die Gründung einer möglichst unabhängigen Schloss Wiepersdorf GmbH, in deren Aufsichtsrat gleichberechtigt national angesehene Künstler und Schriftsteller neben Landesvertretern sitzen sollten.

Wiepersdorf braucht einen garantierten jährlichen Landeszuschuss von mindestens 790.000 Euro sowie die Garantie von mindestens 230.000 Euro für die vom Land Brandenburg entsandten Stipendiaten.

Wiepersdorf braucht eine Direktion, die nicht mit einer Kulturwissenschaftlerin in der Nachfolge von Bettina von Arnim besetzt wird, sondern vielmehr eine Persönlichkeit wie etwa Ludwig Achim von Arnim. Er hatte begriffen, dass er zwar als Dichter in Wiepersdorf leben konnte, das Überleben aber war für die ganze Familie nur möglich, weil Achim von Arnim auch die Landwirtschaft meisterlich beherrschte. Kulturverständnis und ökonomische Fähigkeiten – beides braucht Wiepersdorf auch heute wieder.

Dringend erforderlich ist auch die längst überfällige Bestandsaufnahme von Gebäuden, Dorfkirche, Park, Skulpturen und Teich, damit Schönfärberei und Augenwischerei endlich ein Ende haben. Gesorgt werden muss dafür, dass die Mittel für den Sanierungsbedarf in einem verbindlichen Stufenplan jährlich in den Landeshaushalt eingestellt werden. Das wäre eine langfristige und tragfähige Lösung für das Künstlerhaus. Dieser Verantwortung muss sich das Land Brandenburg nun endlich stellen.

 

Link:http://www.wiwo.de/politik/deutschland/deutsche-stiftung-denkmalschutz-wo-stecken-die-lotto-millionen/13873432.html

 

 

Der Staatsvertrag vom 5.4.1995

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Situationsplan Künstlerhaus Wiepersdorf 2016

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