Die Provinzialverwaltung der Mark Brandenburg hatte am 31. Juli 1946 durch Präsidialbeschluss entschieden, der Deutschen Dichterstiftung das Herrenhaus Wiepersdorf nebst Park, Beamtenhaus und Gärtnerei als Arbeitsstätte für Schriftsteller zu übereignen.
Die „Stiftungsurkunde über die Errichtung der Deutschen Dichterstiftung“ kam am 6. September 1946 zustande. Zweck der Stiftung war nach § 2, „Dichtern und Schriftstellern, deren künstlerische Leistung eine Förderung verdient, auf vorübergehende Zeit eine Stätte ungestörter und sorgenfreier Arbeit zu bieten“. An der finanziellen Ausstattung beteiligten sich die Provinzialverwaltung Mark Brandenburg, die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung (DVV), der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (Kulturbund) und der Schutzverband Deutscher Autoren (SDA). Am 19. September 1946 wurde die Stiftung in das „Grundbuch Wiepersdorf, Band II, Blatt 44“ beim Amtsgericht Jüterbog eingetragen. Der erste Gast traf am 20. Dezember 1947 im Dorf ein. Es war der Schriftsteller Hans Gerhard Weiss aus Hellerau bei Dresden. Was er vorfand, beschrieb er als „denkbar primitiv“. Obwohl es „keine Decken, kein Klosett im Haus, kein Nachtgeschirr und nur eine Glühbirne für die Tischlampe“ gab, erfüllte ihn „die Atmosphäre des Hauses mit Begeisterung“.
Am 28. Mai 1948 wurde die „Fertigstellung der Wiederherstellungsarbeiten des Hauses“ bekanntgegeben. Die folgenden zwei Jahre besuchten bekannte und unbekannte Dichter den Ort. Ruth Hoffmann, Karl Friedrich Borrée, Valerian Tornius, Arnold Zweig und Alfred Kantorowicz gehörten zu den ersten. Die Assoziationen, die sie mit Wiepersdorf verbanden, waren selektiv. Der „Junkersitz“ wurde als kulturelles Erbe akzeptiert, wenn er mit der neuen Ordnung in Verbindung gebracht werden konnte. Peter Nell formulierte 1949 sein historisches Verständnis des Ortes auf folgende Weise: „Das Kuratorium der Deutschen Dichterstiftung hat die geistige Tradition des Hauses wieder aufgenommen, aber sie hat sie vom Kopf auf die Füße gestellt. Wo einst eine dünne Schicht in den bevorrechteten Genuss einer exklusiven Kultur trat, sind jetzt die Tore für alle, die Berufung zeigen, geöffnet. Bettinens Schloss ist heute Schaffensstätte.“ Welche anderen Funktionen die Herrschaft Wiepersdorf über Jahrhunderte hatte, war bereits in Vergessenheit geraten.
Den ausführlichen Text zur "Deutschen Dichterstiftung" aus der Magisterarbeit „Die Herrschaft Wiepersdorf im 20. Jahrhundert“ (1997) von Jürgen Stich finden Sie auf der nachfolgenden PDF.