Die Wiepersdorfer Ära des Malers Achim von Arnim-Bärwalde, der die Wandlung vom Gutshaus zum Herrenhaus vollzieht, beginnt (eigentlich) mit Carl Otto von Arnim (1779-1861). Er ist der ältere Bruder des Schriftstellers Ludwig Achim von Arnim (1781-1831), hat Rechtswissenschaften studiert, wirkt später als Attaché an den preußischen Gesandtschaften in London und Stockholm, schreibt Theaterstücke und leitet zwischendurch auch mal das Königliche Schauspiel in Berlin.
1845 verkauft er seinen Anteil am Ländchen Bärwalde seinem Neffen Freimund von Arnim (1812-1863), dem Sohn von Achim und Bettina von Arnim. Freimund heiratet 1847 Anna von Baumbach (1824-1848). Am 24. März 1848 wird Sohn Achim von Arnim-Bärwalde geboren. Wenige Monate später stirbt Mutter Anna am 29. Dezember 1848. Differenzen mit Großmutter Bettina von Arnim über die Erziehung seines Sohnes führen dazu, dass Freimund seinen pflegebedürftigen Sprössling vorerst der Obhut seiner Schwiegermutter Luise von Baumbach übergibt. Als Freimund von Arnim 1852 mit Claudine Brentano (1805-1876) eine zweite Ehe eingeht, wird für den empfindsamen Sohn Achim aus der „Stiefmutter“ alsbald eine „Herzens liebe Mutter“, die sich um ihn kümmert, die sein musisches Interesse fördert, die ihn aber auch, wie Maxe von Arnim ironisch anmerkt, zum „Kronprinz des Ländchens Bärwalde“ werden lässt.
Für das Gymnasium muss Achim 1862 Wiepersdorf verlassen und nach Frankfurt am Main umziehen. Ein Jahr später stirbt sein Vater, der im Testament Claudine für die Vormundschaft vorgesehen hat. Nach dem Gesetz kann sie diese Aufgabe als „nicht leibliche“ Mutter nicht übernehmen. Da sie auf die Erbschaft verzichtet, wird Achim im Alter von 15 Jahren Herr des Ländchens Bärwalde. Der von Freimund eingesetzte Testamentsvollstrecker Siegmund von Arnim (1813-1890), Achims Onkel und Sohn von Bettina von Arnim übernimmt diese Funktion. Die komplizierte Rechtslage führt zu einer widersprüchlichen und quälenden Situation für Claudine und Achim. Mit 19 Jahren beginnt er 1867 ein Jurastudium in Berlin. 1870 besteht er die erste juristische Prüfung beim Kammergericht in Berlin und wird wenig später zum Kammergerichts-Referendar ernannt.
Endlich, am 18. Mai 1871, nach einem „sechsten Brief, den ich anfange, um dir mein Herzens Mütterchen zu sagen, was du vielleicht längst ahnst, dass ich endlich die Wahl meines Lebensberufes getroffen habe — dass ich Maler werden möchte! Der Gedanke lebt schon lange in mir aber früher habe ich ihn stets unterdrückt, ich dachte, es sei unmöglich, ja, um die Wahrheit zu sagen, zu schön, als dass er je Wahrheit werden könnte ... Wenn ich vor dem lieben Gott vor meinem Gewissen und vor dir meine liebe gute Mutter bestehen kann, so ist mir alles Übrige einerlei. Ich habe so vom Herzen herunter dir Alles geschrieben was mir einfiel. Du wirst es ja verstehen. Dein treuer Sohn Achim.“
Claudine von Arnim geborene Brentano, „Mutter“, Vertraute und Freundin in einem, unterstützt ihn. Im Matrikelbuch der Akademie der Bildenden Künste München ist unter der Nummer 2786 vermerkt: „Name: Arnim-Bärwalde. Vorname: Achim Freyherr von. Eintritt: 01.11.1872. Fach: Malerei. Fach bei Einschreibung: technische Malklasse. Lehrer bei Eintritt: Piloty, Karl von. Herkunftsort: Wiepersdorf, Preußen. Alter: 24. Konfession: evangelisch. Vater: Rittergutsbesitzer.“
Als Achim von Arnim-Bärwalde 15 Jahre alt war, starb 1863 sein Vater Freimund. 1876, im Alter von 28 Jahren übernahm Achim von Arnim-Bärwalde die Besitzungen im Ländchen Bärwalde. Die Wirtschaftsführung überließ er seinem Vetter Moritz von Baumbach. Das Wiepersdorfer Herrenhaus wurde seine Wohn- und Arbeitsstätte. Die Gründung einer Familienstiftung „Ländchen Bärwalde“ im Jahre 1887, eine Erneuerung des Labesschen Familienfideikommisses, bildete die Grundlage für die kulturelle und ökonomische Entwicklung der Herrschaft Wiepersdorf am Ende des 19. Jahrhunderts.
Den ausführlichen Text zu „Der Maler Achim von Arnim-Bärwalde" aus der Magisterarbeit „Die Herrschaft Wiepersdorf im 20. Jahrhundert" (1997) von Jürgen Stich finden Sie auf der nachfolgenden PDF.
Nach dem Tod seiner geliebten Stiefmutter Claudine am 13. März 1876 und der von ihr überlassenen Erbschaft übernimmt Achim von Arnim-Bärwalde 1876 im Alter von 28 Jahren die Besitzungen im Ländchen Bärwalde. Wiepersdorf wird sein Wohnsitz. In der Urkunde des Kammergerichts Jüterbog sind als Grundbesitz für Bärwalde 267 ha, für Weißen 227 ha, für Wiepersdorf 631 ha und für Herbersdorf 243 ha Nutzfläche mit ca. 922 ha Ackerland, Wiesen, Gartenland und Weide sowie ca. 440 ha Forstbestand eingetragen. Als Kapitalgrundlage existiert ferner der „Fideikommiss-Fonds“ bei der „Kur- und Neumärkischen Ritterschaftlichen Darlehnskasse“. Das alles zusammen ermöglicht Achim von Arnim-Bärwalde die Umwandlung des Gutshauses zum Herrenhaus.
Es entsteht 1878 nach Norden hin das Atelier und mit diesem Anbau im Zusammenspiel von Gutshaus und dem bereits existierenden südlichen Seitenflügel das gewünschte symmetrische Bild. Die Fluchtlinie des Haupthauses erhält zur „barocken“ Fassadengliederung mit dem Mittelrisalit einen von vier Säulen gestützten Balkon. Vorgelagert wird eine durch Sandsteinbalustraden begrenzte Terrasse, von der eine Mitteltreppe in das Gartenparterre führt. 1888/89 lässt er als südliche Begrenzung die Orangerie errichten. Der schlichte Tümpel gegenüber wird mit Balustraden und Sitzbänken aus Sandstein zu einem ansehnlichen Weiher mit Promenadenweg und sogar einer kleinen Brücke über den querenden Wasserzulauf. Die Anlage erhält durch eine strenge Geometrie den Charakter eines Barockparks, der nach Westen hin in einen Landschaftsgarten mit Allee und Sichtachsen übergeht.
Bis 1889 erwirbt Achim von Arnim-Bärwalde auf insgesamt neun Italienreisen Sandsteinfiguren und Vasen für den Park. Für das Herrenhaus selbst erstand er Porzellan, Bilder, Gobelins, gotische Schränke und Renaissancemöbel. Da sich seine „akribisch geführten Kassenbücher“ im Landeshauptarchiv Potsdam befinden, könnte, wenn man es denn wollte, heute noch nachvollzogen werden, was vorhanden war, und was mit der Zeit aus welchen Gründen und wohin auch immer „verschwunden“ ist. Hoffnung macht das jetzt gegründete „Deutsche Zentrum Kulturgutverluste“, mit dem eine überfällige Provenienzforschung langsam Struktur bekommt.
Was Wiepersdorf seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis heute ausmacht, hat weniger mit Achim und Bettina von Arnim, aber viel mit dem Maler Achim von Arnim-Bärwalde zu tun. Sein Wirken markiert den Übergang vom Gutshaus zum Herrenhaus. In seinem Testament verpflichtet der ledige und kinderlos gebliebene Gestalter die Erben zur Wahrung des erreichten Zustands. Der Ort soll „in wohnlichem Zustand und möglichst unverändert“ erhalten werden. Die „neu angelegten Gärten und Alleen“ müssen „in ihrem gegenwärtigen Umfange erhalten werden“ und dürfen keinesfalls „in Ackerland oder Wald umgewandelt werden“. Er trägt ihnen auch die Pflege des „Schloessgen Bärwalde“ auf, „da es eines der wenigen sehr alten Gebäude ist, welche in der ganzen Umgegend noch erhalten sind“. Achim von Arnim-Bärwalde stirbt am 8. Februar 1891 und findet auf dem Arnimschen Familienbegräbnis in Wiepersdorf seine letzte Ruhe.
Die Wandlungen des Herrenhauses von Wiepersdorf
Den nachfolgenden Text veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung von Petra Heymach.