Die Provinzialverwaltung der Provinz Sachsen verabschiedete am 3. September 1945 das erste Bodenreformgesetz der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Eine Entschädigungsklausel war nach einer Intervention der Sowjetischen Militäradministration (SMA) nicht in den Gesetzestext aufgenommen worden. In Brandenburg weigerte sich Vizepräsident Georg Remak (CDU) die entschädigungslose Enteignung mitzutragen und wurde daraufhin seines Amtes enthoben. Sein Nachfolger Frank Schleusener, ebenfalls CDU-Mitglied, unterzeichnete schließlich am 6. September 1945 die „Verordnung über die Bodenreform der Provinz Mark Brandenburg“, die am gleichen Tage in Kraft trat.
Um die Verteilung des Grundbesitzes der Familie von Arnim vorzunehmen, versammelten sich daraufhin am 4. Oktober 1945 die Wiepersdorfer Bauern und Neusiedler. Der Gesamtbestand der aufzusiedelnden Fläche wurde auf 580 Hektar festgelegt. Davon waren 231 Hektar Ackerfläche, 22 Hektar Wiesen und Weiden und 327 Hektar Waldfläche. Die Nutznießer des enteigneten Besitzes waren laut Aufteilungsprotokoll 16 landarme Bauern, 23 Landarbeiter, 10 Umsiedler, die Stadt Jüterbog sowie die Gemeinden Wiepersdorf und Kossin.
Die im Nordosten von Wiepersdorf gelegenen neun Ackerschläge des Gutes, die sich fächerartig auf einer quadratischen Fläche von ungefähr 170 Hektar ausbreiteten, fielen komplett an die Wiepersdorfer Siedler. Dazu kamen die Ackerflächen in unmittelbarer Nähe des Gutshofes, wie „Friedelsland“ oder der „Schlag an der Krähenheide“, Wiesen und Koppeln. Insgesamt standen 300 Hektar zur Verfügung, die bis März 1946 an die Siedler verteilt wurden.
Die Bezeichnungen für die Landempfänger waren durch das Formblatt der Kreisverwaltung vorgeschrieben. Die „Umsiedler“ waren Flüchtlingsfamilien aus den östlich von Oder und Neiße gelegenen preußischen Provinzen. „Landarm“ waren die Kleinbauern des Dorfes, die in den meisten Fällen seit Jahrzehnten zusätzlich Pachtland bewirtschafteten. Die Gruppe der „Landarbeiter“ (Landlosen) bestand aus den ehemaligen Gutsangehörigen und Gutsarbeitern, einigen Handwerkern des Dorfes, den leitenden Gutsangestellten und den als „Antifaschisten“ eingestuften Angehörigen der Familie von Arnim.
Legt man das Aufteilungsprotokoll zugrunde, das im März 1946 der Kreisbodenkommission zugeleitet wurde, so erhielten die landarmen Bauern im Durchschnitt 3,61 Hektar, die Landarbeiter 6,00 Hektar und die Umsiedler 5,54 Hektar Acker- und Wiesenflächen als Siedlungsland zugeteilt. Außerdem erhielt jeder Siedler etwa 3,5 Hektar Wald aus dem Forstbestand des Gutes. Die Stadt Jüterbog sicherte sich eine 68 Hektar große Waldfläche. Dazu gehörte auch die unter Naturschutz stehende „Krähenheide“.
Der ehemalige Gutsarbeiter Paul Hertel (geb. 1885) schilderte im Februar 1947 den Beginn der Bodenreform auf folgende Weise: „So, nun geht hin und sucht euch das beste Stück aus.“ Mit diesen Worten an die Mitglieder der örtlichen Bodenkommission des seit etwa 1942 bis zum November 1946 amtierenden Bürgermeister Schemmel begann die Bodenreform in Wiepersdorf. Da von den Mitgliedern der Kommission wohl keiner sich den an sie gestellten Anforderungen gewachsen fühlte, zog man den von der Provinzialregierung wegen Zugehörigkeit zur NSDAP von seinem Amt entfernten Lehrer Tappe hinzu, und gab ihm, dem nebst seiner Ehefrau jede Bauernfähigkeit abgestritten werden muss, eine Siedlerstelle. Da er landwirtschaftliche Arbeiten nicht selbst ausführen kann, hat er einen Knecht angenommen, der ihm die Arbeiten macht. Als sein Sohn, ehemaliger Offizier, aus der Gefangenschaft zurückkehrte, erhielt auch dieser noch eine Siedlerstelle aus der Bodenreform. Eine feine Bodenkommission!“
Auch die Flüchtlingsfamilien beklagten, dass sich „die Bodenkommission nur aus Dorfverwandtschaft“ zusammensetzte und verlangten, dass „diese unfähigen Leute ersetzt werden“. Die Provinzialverwaltung forderten sie auf: „Schicken sie alle Sünder mit der Schippe in der Hand in ein Lager, damit sie die Not der Flüchtlinge kennenlernen. Sie alle haben bisher nur geprasst und gesündigt am Volke. Mit diesen Leuten können wir kein Deutschland aufbauen.“ In Wiepersdorf herrsche ein Zustand, „welcher zum Himmel schreit“. Die Flüchtlingsfamilien fühlten sich von der Kreis- und Provinzialverwaltung im Stich gelassen. Wenn nicht schnell gehandelt werde, drohten sie, dann „müssen wir es der russischen Dienststelle mitteilen“.
Tatsächlich repräsentierte die Wiepersdorfer Bodenkommission die alteingesessenen Familien. Der Vorsitzende Paul Wille (geb. 1881) stammte aus einer Pächterfamilie, die bis 1945 insgesamt 18 Hektar Pachtland bewirtschaftete. Er selber bearbeitete 5 Hektar Pacht- und 2 Hektar Eigenland. Als Kleinpächter galten ebenfalls Ernst Kreissler (geb. 1883) und Max Schulze (geb. 1899), die im Vorstand der Kommission saßen. Die landlosen Gutsarbeiter Fritz Dressler (geb. 1889) und Wilhelm Schneider (geb. 1911) komplettierten das fünfköpfige Gremium. Die Bevorteilung der alteingesessenen Wiepersdorfer wird deutlich, wenn man die Familienzusammenhänge bedenkt. Die Familie Wille besaß nach der Bodenreform 39 Hektar Acker- und Wiesenflächen, die Familie Gausche 37 Hektar, die Familie Kreißler 23 Hektar, die Familie Lehmann 22 Hektar, die Familie Ehrenberg 16 Hektar und die Familie Schneider 13 Hektar. Von insgesamt 49 Siedlerfamilien bewirtschafteten damit sechs Familien über 50 Prozent der Nutzfläche. Darüber hinaus besaßen sie eigene Hofstellen, Häuser, Geräte und Vieh. Sie konnten das Land ohne fremde Hilfe bewirtschaften. Alle anderen Neusiedler mussten „bis zum Herbst 1946 alles kollektiv bearbeiten“.
Ein letzter Einspruch der Familie von Arnim gegen die Enteignung ihrer Güter war am 16. März 1946 von der Provinzialverwaltung abgelehnt worden. Bereits einige Tage zuvor hatte das Bodenkulturamt Mahlow mit der Feinvermessung der Siedlerparzellen begonnen. Mit der Neueintragung der Besitztitel in die Grundbücher wurden die Entscheidungen unumkehrbar. Die erste Phase der Bodenreform war im März 1946 abgeschlossen.
Den ausführlichen Text zur „Bodenreform 1945-1947" aus der Magisterarbeit „Die Herrschaft Wiepersdorf im 20. Jahrhundert" (1997) von Jürgen Stich finden Sie auf der nachfolgenden PDF.