Thomas Rosenlöcher (geboren 1947) studierte von 1970 bis 1974 Betriebswirtschaft an der Technischen Universität Dresden. Von 1976 bis 1979 folgte ein Studium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Sein erster Gedichtband „Ich lag im Garten bei Kleinzschachwitz“ erschien 1982 im Mitteldeutschen Verlag Halle. Ein Jahr später war Thomas Rosenlöcher schon Gast in Wiepersdorf. Nachdem 1990 der Suhrkamp Verlag sein Dresdener Tagebuch „Die verkauften Pflastersteine“ veröffentlichte, erlangte er auch im Westen Deutschlands Aufmerksamkeit. 1991 folgte seine Harzreise „Die Wiederentdeckung des Gehens beim Wandern“. Am 28. August 1992 kam er zum „4. Wiepersdorfer Gespräch“ wieder an diesen Ort und diskutierte mit der Publizistin Verena Auffermann, dem Soziologen Wilke Thomssen und den Schriftstellern Hanna Krall, Irina Liebmann, Heinz Czechowski und Hans Pleschinski über „Orte im Osten, gesehen aus unterschiedlichen Perspektiven“. Im Jahr 2001 erschien im Insel Verlag Frankfurt/Leipzig sein Wiepersdorfer Tagebuch „Am Wegrand steht Apollo“.
Der Klappstuhl
Im Schuppen ein Klappstuhl, letztes System.
Aufklappen klappt. Abklappen glückt.
Nur daß er, ehedem bequem,
jetzt Riefen in den Hintern drückt.
Komfort, Tortur! Die Wirkungsmacht
der Gegenwart? Galt, gilt nichts mehr.
Und wer was gilt, heißt easy chair.
Hat ihn das derart hart gemacht?
Der Klappstuhl diskutiert die Frage;
so er - ich hart? Dein Weichgesäß
entwickelte sich zeitgemäß -
als knarrende Personenwaage
sacht unter mir zusammenkracht.
Im Gras noch lange nachgedacht.
Aus: Thomas Rosenlöcher, Am Wegrand steht Apollo. Wiepersdorfer Tagebuch. Gedichte. Insel Verlag Frankfurt am Main 2001