Günter Eich
Wiepersdorf, die Arnimschen Gräber
Die Rosen am Verwildern,
verwachsen Weg und Zaun. –
in unverwelkten Bildern
bleibt doch die Welt zu schaun.
Tönt noch das Unkenläuten
zart durch den Krähenschrei,
will es dem Ohr bedeuten
den Hauch der Zauberei.
Umspinnt die Gräberhügel
Geißblatt und Rosendorn,
hört im Libellenflügel
des Knaben Wunderhorn!
Die Gräser atmen Kühle
im gelben Mittagslicht
Dem wilden Laubgefühle
versank die Stunde nicht.
Im Vogelruf gefangen,
im Kiefernwald vertauscht
der Schritt, den sie gegangen,
das Wort, dem sie gelauscht.
Dem Leben, wie sies litten,
aufs Grab der Blume Lohn;
Für Achim Margeritten
und für Bettina Mohn!
Nicht unter Stein und Ranke
schläft oder schlägt ihr Herz,
ein ahnender Gedanke
weht her von anderwärts.
Verstummen uns die Zeichen,
wenn Lurch und Krähe schwieg,
hallt aus den Sternbereichen
die andere Musik.
Aus: Günter Eich: Gesammelte Werke in vier Bänden
Suhrkamp Verlag, 1991